Detlef Steffenhagen

Pressestimmen


Frankfurter Allgemeine vom 1. Dezember 1995

Donner und berstendes Eis

"Vier Jahreszeiten" auf der Orgel

Auf die Idee, die "Vier Jahreszeiten" für Orgel zu transkribieren, sei er durch seine Beschäftigung mit Bachs Orgel-Bearbeitungen Vivaldischer Konzerte gekommen. Detlef Steffenhagen, Organist der Johanniskirche in Bornheim, hat bei seinem Arrangement vor allem darauf geachtet, dem Original möglichst nahe zu kommen.
    Anders als Bach hat er auch die schnellen Tonrepetitionen der Streicher entweder beibehalten oder als Oktavtremoli umgesetzt. Wenn man Steffenhagens Bearbeitung nicht gehört hätte, könnte man vorschnell urteilen, daß die nicht orgelmäßig klingen könnte. Aber weit gefehlt. Die Frankfurter Premiere in der Johanniskirche muß auch den letzten Puristen und Bearbeitungsgegner überzeugt haben. Bei der klangfarblichen Umsetzung hat sich Steffenhagen vor allem an den von Vivaldi stammenden programmatischen Gedichten orientiert, die im Original versweise den Noten unterlegt sind. So klangen gleich die im ersten Satz des Frühlingskonzerts auftauchenden Vogelstimmen mit dem Flötenregister der Orgel plastischer als im Original. Die "Dudelsackweisen" in der pastoralen Szene des dritten Satzes gab Steffenhagen mit dem Krummhorn-Register wieder. Da man die im Programmblatt abgedruckten Sonette Vivaldis in der verdunkelten, nur mit einigen Kerzen stimmungsvoll beleuchteten Johanniskirche während des Konzertes nicht mitverfolgen konnte, trug Steffenhagen die zu den einzelnen Sätzen gehörenden Verse jeweils vorab vor. So wurde auch klar, wie sich im zweiten Satz des Sommers mit dröhnenden Pedaleinwürfen der Donner ankündigt.
    Durch entsprechende Manualwechsel verdeutlichte Steffenhagen dabei stets den konzertierenden Wechsel von Tutti und Soli und brachte darüber hinaus durch seine ausgewogenen Registrierungen auch die teils sehr kühne Harmonik bestens heraus. Den Klang der Hörner in der Jagdszene des dritten Satzes vom Herbstkonzert ahmte er eindrucksvoll mit Zungenstimmen (Trompete, Posaune) nach.
    Für das "Hackenschlagen" und "Zähneklappern" im ersten Satz des Winterkonzerts wählte Steffenhagen einen klirrend-hellen, kalten Klang und das Tempo so schnell, daß die Mechanik der tadellosen Walcker-Orgel bei den Tonrepetitionen gerade noch ansprach. Im Largo glaubte man, den Regen ans Fenster tröpfeln und im satt registrierten Schlußsatz das Krachen des brechenden Eises zu hören.
    Abgerundet hatte Steffenhagen sein Programm mit einem Concerto in h-Moll von Joseph Meck (1690-1758) in der Orgelbearbeitung von Johann Gottfried Walther. Der Erlös des Konzerts kommt einem Heim für behinderte Kinder in Curitiba (Brasilien) zugute. Steffenhagen wird das Programm am 1. und 2. Adventssonntag sowie am 2. Weihnachstsfeiertag (jeweils 17 Uhr) wiederholen.

Guido Holze


Frankfurter Rundschau vom 23. November 1995

Die Orgel kam dem Violin-Original bedrohlich nahe

Detlef Steffenhagen bearbeitete Vivaldis "Vier Jahreszeiten" / Premiere am 26. November

Von Daniel Herrmann

BORNHEIM. "Die Vier Jahreszeiten" Antonio Vivaldis gehören wohl zu den bekanntesten Violinkonzerten. Diese vier einzelnen Konzerte hatte Vivaldi 1725 zusammen mit acht weiteren Violinkonzerten veröffentlicht, doch nur die vier mit den Überschriften "Frühling", "Sommer", "Herbst" und "Winter" wurden als eigener Zyklus weltberühmt. Detlef Steffenhagen, Kantor der Bornheimer Johanniskirche, reizte es immer wieder, dieses Werk auf seiner Orgel zu spielen. Doch in der Literatur gab es von den "Vier Jahreszeiten" — bislang — keine Bearbeitung für Orgel.
    Ein halbes Jahr lang zog sich Steffenhagen deshalb in jeder freien Minute in sein Arbeitszimmer zurück und machte sich selbst daran, das Violinkonzert zu einer Orgelfassung umzuschreiben. Dabei stieß er auf vier Gedichte, die Vivaldi für seine Jahreszeiten gedichtet hatte.
    "Nach Vivaldis Aussage sollen die Gedichte helfen, die Musik zu verstehen", fand der Organist heraus und wunderte sich, daß die Verse bei keiner CD-Einspielung und keinem Konzert erwähnt werden. "Ich habe die Gedichte nach Vivaldis Vorgaben in die Partitur eingearbeitet, und während des Konzertes trage ich die einzelnen Strophen zwischen den Sätzen vor", versucht Steffenhagen dem Werk trotz Bearbeitung näherzukommen als manches Konzert mit Originalbesetzung.
    An vier Sonntagen in der Weihnachtszeit wird der Musiker seine Bearbeitung dem Frankfurter Publikum vorstellen. Kerzenlicht soll für weihnachtliche Stimmung sorgen. Ein Musikverlag, dem er seine Bearbeitung zum Abdruck vorlegte, hielt ihm vor, die "Vier Jahreszeiten" seien "zu populär, zu profan und zu weltlich für ein Orgelwerk". Bei der Uraufführung seiner Bearbeitung in Essen stieß das Orgelwerk jedoch selbst bei skeptischen Zuhörern auf einhellige Begeisterung. "Vivaldi war doch selbst Priester", schüttelt Steffenhagen den Kopf über die Traditionalisten an der Orgel.
    Steffenhagens Bearbeitung kommt dem Original an manchen Stellen bedrohlich nah, überholt Vivaldi sogar. So wirkt die Jagdszene im dritten des "Herbstes" auf der Orgel weit authentischer; denn in einer Streicherbesetzung fehlen die Hörner, die unbedingt zur Jagdmusik gehören. Der Organist zieht hier mit Krummhorn und Posaune Register, die Trompetenstöße der Jagdgesellschaft trefflich imitieren. Und auch die Dudelsackklänge in der Begleitung des Allegros beim "Frühling" ahmt Steffenhagen mit kräftigem Pedaleinsatz hervorragend nach.
    Selbst bei den dramatisch schnellen Läufen der Geigen im Presto des "Sommers" muß Steffenhagen nicht kapitulieren. Schwärmend stellt er fest: "Das ist die schwerste Stelle, aber Donner und Blitz lassen sich auf einer romantischen Orgel einfach phantastisch umsetzen."
    Am 26. November sowie am 3., 10. und 26. Dezember erklingen in der Johanniskirche an der Turmstraße jeweils um 17 Uhr die "Vier Jahreszeiten". Karten gibt es zu 15 Mark nur an der Abendkasse. Der Erlös geht als Spende an ein Kinderheim im brasilianischen Curitiba.

24.11.2007